Im Frühjahr 2013 bewarben wir uns um die Teilnahme am Wettbewerb "Naturnaher Kleingarten", der alle zwei Jahre unter Rostocks 16000 Kleingärten ausgeschrieben wird. Eine fünfköpfige Kommission
arbeitete bei ihren Begehungen im Sommer einen seitenlangen Kriterienkatalog ab.
Unser Garten konnte unter den Mitbewerbern den ersten Platz belegen.
Allgemeines
Ein naturnaher Kleingarten ist in Bewirtschaftung und in der
Staudenbepflanzung nachhaltig.
Nachhaltige Staudenbepflanzung:
In einer nachhaltigen Staudenbepflanzung werden heimische Arten und Wildformen bevorzugt.
Das Ziel ist dabei, spezialisierten Wildbienen und Faltern Nahrung anzubieten.
Sollen die oft auch bedrohten Insekten angelockt werden, müssen sie allerdings in der
Umgebung noch existieren. Aus dem Nichts kommen sie leider nicht.
Wildformen sind züchterisch nicht bearbeitet. (Gefüllte Sorten sind
beispielsweise weniger nektarreich.) Wildformen sind im Vergleich zu Sorten weniger empfindlich gegenüber
Witterungsextreme und müssen am richtigen Standort nicht gegossen werden.
Sie sind im günstisten Fall mit an natürlichen Standorten vorkommenden Sippen genetisch vergleichbar.
Das ist bei Pflanzen vom Pflanzenmarkt nicht gesichert.
Natürliche Vorkommen sollen bei eventueller Hybridisierung nicht geschwächt werden.
Auf keinen Fall dürfen Pflanzen in der Natur ausgepflanzt werden. Eine Ansalbung zur Bereicherung der
Natur ist in jedem Fall negativ zu bewerten.
Anders verhällt es sich bei einer Erhaltungszucht im Rahmen eines wissenschaftlichen Programms.
Bei der werden Planzen oder Samen von bestehenden Sippen entnommen und kontrolliert vermehrt.
Später werden die Pflanzen zu natürlich vorkommenden anderen Sippen gleicher Art gesetzt.
Damit sollen diese wieder eine überlebensfähige
Populatuonsgröße erlangen, denn isolierte Sippen in weit auseinanderliegenden Habitaten können sich nicht
mehr genetisch austauschen und es kommt zu Inzuchterscheinungen.
Koniferen und invasive Neophyten müssen raus.
Stauden werden
standortgerecht in natürlich gewachsene Räume integriert,
oder es werden Räume geschaffen, die sich natürlich entwickeln können.
Bei den späteren Pflegemaßnahmen wird kein Ausrottungskampf gegen das im Garten heimische geführt.
Heimische Wildkräuter werden in Grenzen toleriert. Im Sinne des Naturschutzes gelten als heimisch
indigene Arten und Archäophyten. Allerdings gibt es auch allerlei
Neophyten, die sich in Mitteleuropa etabliert haben, wie Winterlinge und Schneeglöckchen.
Soweit die Theorie.
Unser Ansatz
Wir beziehen bei unseren Ansiedlungsbemühungen den Begriff heimisch allgemein auf in Mitteleuropa vorkommende indigene Arten und Archäophyten.
Da wir kein Naturschutzgebiet betreiben und die Naturnähe nicht dogmatisch sehen,
dürfen wir uns auch an zahlreichen Stauden aus Südosteuropa, Asien und der neuen Welt erfreuen.
Dazu zählen insbesondere mediterrane Kräuter, Astern, Phloxe, Silberkerzen, Rodgersia und Ligularia.
Die Staudenbeete sind größtenteils habschattig bis vollschattig und der Boden ist in Grabennähe feucht,
ein idealer Standort für letztgenannte.
Graben
Der Graben gehört nicht mehr zur Gartenparzelle, grenzt aber ohne Zaun.
Die Pflanzungen längs der Grabenkante setzen den natürlichen Bewuchs der Böschungen fort.
Zum vorherrschenden Giersch habe ich in oder an die Böschungen durchsetzungsstarke heimische Stauden gesetzt:
Mädesüß, Wasserdost,
Iris sibirica, Beinwell, Süßdolde, Sumpfdotterblume, Blutweiderich und Baldrian.
Die Kohldistel (Cirsium oleraceum) und die Große Brennnessel haben sich selbständig angesiedelt.
Das sind Arten, die auch natürlich an Gräben wachsen. Eine solcher Pflanzengesellschaft
wird als Mädesüß-Hochstaudenflur (Filipendulion) bezeichnet. Der dichte Bewuchs verzögert eine
Verbuschung. Trotzdem scheide ich regelmäßig Strauchtriebe und junge Bäume raus.
Es muss damit gerechnet werden, dass die Wasserbehörde mit der Motorsense zum Mähen anrückt, was aber bislang nur letzten Spätherbst
stattfand. Eine seltene Mahd wird vermutlich Giersch und Quecke begünstigen.
Bärlauch hat sich ausgebreitet kann mittlerweile in großerem Umpfang geerntet werden.
Längs des Grabens ist tatsächlich ein natürlich gewachsener naturnaher Raum entstanden.
Es wird von den Winterlingen eingeleitet bis Mitte November durchgeblüht.
Damit nicht alles zwischen Mai und Juli blüht, haben wir gezielt früh- und spätblühende
Arten angesiedelt.
Der Boden ist ganzjährig bedeckt, im Winter mit Laub.
Nachhaltige Bewirtschaftung
Der Anbau von Obst und Gemüse erfolgt im Kreislauf. Grünschnitt, Hächselmaterial und Herbstlaub wird nicht abgefahren, sondern dem Boden
zurückgeführt. Das erfolgt über Kompostierung in Kompostern und im Hochbeet, durch Mulchen der Gemüsebeete und
in Hügelbeeten.
Das Mulchen erhöht nicht nur die Bodenfruchtbarkeit, sondern reduziert auch das Gießen, da der bedeckte Boden nicht so sehr
von Sonne und Wind ausgetrocknet wird. Regenwürmer fühlen sich wohl und allein die Schlepperei von Gießkannen zum Gewächshaus wird
um zwei Drittel reduziert.
Dünger und Pflanzenschutzmittel müssen für den ökologischen Landbau zugelassen sein.